Provenienzforschung macht Dampf

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Zur letzten Tagung des Deutschen Museumsbunds – @dmb15 – habe ich ein paar Nachgedanken, das Thema Provenienzforschung betrifft auch das Thema #museum und #kunstvermittlung:

Museen sind keine Inseln und ihre Sammlungen nicht als fertige Wunderkammern in die Welt gekommen. Irgendwer hat immer irgendwas von irgendwem bekommen oder irgendwo gefunden und irgendwer hat daraus dann ein Museum gemacht oder es einem schon bestehenden Museum gegeben. Warum etwas aufbewahrungswert und wichtig ist, gehört zu den spannendsten Geschichten, die über Staaten und Menschen erzählt werden können.

Schon Kinder fördern ihre Identitätsbildung, indem sie sich Sachen zu eigen machen, sie behüten und in Schatzkästen bewahren. Nicht immer mögen sie es, diese Sammlung offen zu zeigen und zu erklären. Man hat den Eindruck, dass es manchen Museen, noch heute, im Zeitalter der Transparenz, ähnlich geht. Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass ein Offenlegen von Provenienzen kein Exhibitionismus sondern ein selbstverständlicher und wichtiger Teil der Vermittlungsarbeit ist. Der Deutsche Museumsbund hat sich in seiner jüngsten Jahrestagung damit beschäftigt. Es gab gerade in den Auftaktansprachen von Staatsministerin Monika Grütters und Isabel Pfeiffer-Poensgen viel Aufmunterndes, Forderndes, Unterstützendes. Zugleich wurde schon am Anfang der Tagung die Bedeutung der Provenienz nicht nur im Rahmen der Wiedergutmachung von NS-Unrecht sondern für die allgemeine Vermittlungsarbeit an Museen festgestellt. Menschen lieben Biographien und dies gilt auch für die Biographie der Objekte. Professor Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg öffnete den Fokus der Sensibilisierung für Provenienzen auf 600 Jahre Kolonialzeit, eine Herausforderung, der sich nicht nur die Völker- oder Naturkundemuseen stellen müssen, sondern die die gesamte Museumslandschaft betrifft.

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Wiedergutmachung ist nicht nur Restitution. Es geht darum, Mechanismen für faire Kooperationen und gemeinsame Forschungs- und Vermittlungsarbeit mit Herkunftsländern und ursprünglichen Eigentümern zu finden. Nur so können die Museen ihrer historischen Verantwortung, die ihnen aus der eigenen Sammelgeschichte und der Biographie ihrer Objekte zugewachsen ist, gerecht werden.

Provenienzforschung verweist auf Menschen hinter der Sammlung, macht diese damit lebendig und fördert die Identifikation des Besuchers mit Museen: Auf der Tagung war von der “Heimataura der Museen” die Rede.  Diese ist umso wichtiger, je mehr Kommunalpolitiker die Bedeutung “ihrer” Museen auf die Höhe der Eintrittsgelder, neuerdings auch auf den pekuniärren Wert der Sammlungen, reduzieren wollen.

Die Museumsmacher stehen dabei vor der großen Herausforderung, nicht nur die Provenienz sondern zugleich die Bedeutung, die Authentizität der Sammlungsobjekte zu deuten und deutlich zu machen. Ist dies nicht die eigentlich Hauptaufgabe, die vor dem Sammeln und Bewahren steht? Erst die Lösung und Beantwortung dieser Aufgabe führt zur Aufnahme des Objekts in die Sammlung und –   unter den verschiedensten Aspekten neu gestellt und gelöst –  zur Platzierung des Objekts in Dauer- und Wechselausstellungen.

In der Vergangenheit scheint diese Aufgabe in vielen Museen nur flüchtig und oberflächlich bewältigt worden zu sein. Die Beschreibung von Material und Stil war wichtiger als Herkunft und Geschichte eines Objekts. Die Mühsal der Rekonstruktion von Provenienzen und Objektbiographien wurde daher am zweiten Tagungstag mehrfach beklagt. Statt um neue Zielsetzungen und Schwerpunkte ging es wie so oft, wenn sich in unseren “Museumstankern” etwas ändern soll, um Stellenmangel und fehlende Ressourcen.

Damit wurde deutlich, dass noch immer die Bedeutung der Vermittlung verkannt wird. Nein, dies ist nicht allein die Aufgabe der Museumspädagogen, des Fußvolks im Heer der (wissenschaftlich arbeitenden) Museumsmitarbeiter. Erst das Reflektieren und Vermitteln macht ein Museum glaubwürdig. Die Museen haben die Pflicht, den Bürgern Rechenschaft abzugeben über ihre Objekte, sie zu autorisieren und ihnen Bedeutung und Authentizität zuzuschreiben.

Der für mich beste Vortrag der ganzen Tagung, der den hohen Wert des Sammlungsbezugs in der Bildungsarbeit und der affirmativen Aneignung durch memorialpolitische Aspekte wirklich deutlich machte, fand leider nicht vor dem Plenum statt sondern erst am dritten Tag, dem Treffen der Fachgruppen und Arbeitskreise. Und zwar im neuen Arbeitskreis Bildung und Vermittlung, der sich am Mittwoch im traditionell energiegeladensten Ort der Zeche  Zollverein, dem ehemaligen Kokskohlenbunker, traf. Unter dem Motto “Provenienz weiter denken” forderte Dominik Kimmel vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz dazu auf, die historische Authentizität der Museumsobjekte in der wissenschaftlichen Arbeit, gerade auch in der Vermittlungsarbeit, in den Vordergrund zu stellen. Das neue Forschungsprojekt der Leibniz-Gemeinschaft verspricht viel Dampf in einer noch allzu traditionellen Szene.