Heute auf Zollverein fand der erste Tag des großen Ruhrkonvents zu den Erinnerungsorten im “Ruhrgebiet” statt. Noch immer schwebt dieses merkwürdige Wortgebilde “Ruhrgebiet” über der Region an der Ruhr. Insbesondere wieder seitdem die große Hoffnung auf die “Metropole Ruhr” skeptischer gesehen wird. Während eine parallel ins Leben gerufene Website zur eigeninitiativlichen Erinnerungsverortung in der Region aufruft, haben sich die beteiligten Wissenschaftler offenbar entschlossen, anstelle von Erinnerungsorten lieber von “Zeit-Räumen” zu sprechen. Im Englischen würde man das (ohne Rücksicht auf den rätselhaften Bindestrich) mit “eras” übersetzen, im Deutschen als Synonym “Epochen” einsetzen. Eine unschwer zu verortende Epoche an der Ruhr ist sicher die Zeit der Schwerindustrie im Ruhrgebiet – was aber fangen wir mit dem Plural an? Wie verhält sich ein “Zeitraum Folkwang” zu einem “Zeitraum Arbeiterliteratur”, wie grenzt sich ein “Zeitraum Emscher” von einem “Zeitraum Halden” ab oder gehört das nicht doch zusammen in eine Epoche?
Mythen, Konstrukte, Klischees und viel Nostalgie gehören seit langem zum historiographischen Kitt dieser von der Schwerindustrie gebeutelten und offenbar noch immer ziemlich umnebelten Region zwischen Ruhr und Lippe. Mit den “Zeit-Räumen” wird es ganz verwirrend. Hoffentlich folgt morgen am zweiten Tag des Ruhrkonvents oder zumindest in Zukunft mehr Klarheit. Doch nachdem heute mit Stolz verkündet wurde, dass wir uns in 2020 auf eine große RuhrMuseums-Ausstellung mit dem Titel “100 Jahre Ruhrgebiet” freuen dürfen, gebe ich die Hoffnung auf mehr Klartext mit Klarsicht auf. Eine Rückschau auf die Gründung des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk im Mai 1920 ist ein interessantes Thema – aber muss es gleich wieder die große Keule sein?