Unternehmer. Arbeitnehmer. Produkte – Die Industrie in der Oberpfalz 1800 bis heute
Neueröffnung eines Teils der ständigen Ausstellung im Bergbau- und Industriemuseum Theuern ab 14. März 2014.
Kuratorin: Dr. Ulrike Laufer, Essen
Das Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern im Kultur-Schloss Theuern lässt zurzeit einen Teil seiner ständigen Ausstellung überarbeiten. Bisher präsentierte sich dieser Teil unter dem Titel „Regionen im Wandel“ und bot einen Überblick über die wichtigsten Industrien Ostbayerns. Erläutert wurden dabei vor allem die technischen Aspekte. Auf Handreichungen gab es viel Hintergrundwissen, das aber vor allem Fachleute ansprach und Laien oft schwere Nüsse zu knacken gab. Doch so kompliziert müssen Wirtschaft und Technik gar nicht sein. Industrie – lat. industria – bedeutet zunächst einmal Fleiß und Arbeit. Diese werden von Menschen geleistet: Einem oder mehreren Unternehmern – auch Unternehmerinnen -, die bereit sind Zeit, Geld und Ideen zu investieren, sowie vielen Arbeitern und Arbeiterinnen, die diese Ideen umsetzen, um Lohn und Brot zu erhalten. Daraus wiederum entstehen die von den Unternehmern angestrebten Produkte, die sich am Markt verkaufen lassen, wovon wiederum beide Arbeitnehmer und Unternehmer gut leben können. Vorausgesetzt – die Ideen sind gut und alle leisten gute Arbeit.
Aus diesen simplen Überlegungen ergaben sich das neue Konzept für die Ausstellung und damit auch der neue Titel. Er spielt natürlich auf die erfolgreiche Tradition der deutschen Industrie an. Die hatte zunächst als Nachzügler begonnen – Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Belgien lagen weit vorne. Wie alle schlechten Schüler und Nachzügler begannen deutsche Unternehmer zu schummeln: Sie deklarierten ihre Produkte mit falschen meist englischen Herkunftsbezeichnungen, was natürlich aufflog.
1883 entstand deshalb in Paris ein erstes internationales Abkommen zum Patent- und Markenrecht. Falsch beschriftete Ware war seitdem verboten. Allerdings hatte sich das Deutsche Reich geweigert, Vertreter zu dieser Konferenz in Paris zu schicken. Das britische Imperium erkannte daher weiteren Handlungsbedarf. Am 23. April 1887 verabschiedete das Parlament in London ein neues Gesetz. Laut dem neuen „Merchandise Marks Act“ sollten nun alle Importe einen Aufdruck tragen, der eindeutig auf das Herkunftsland verwies. Da der Welthandel noch größtenteils über britischen Handelshäuser lief, waren die deutschen Unternehmer zunächst ziemlich eingeschüchtert –ihrem Schrecken machten sie nach Außen in heller Empörung Luft.
Die Aufregung war vollkommen überflüssig. Erstmals nahm die ganze Welt zur Kenntnis, wie viele Dinge des täglichen Gebrauchs, daheim oder auch bei der Arbeit, im Deutschen Reich produziert worden waren. Außerdem stellte man fest, dass diese Ware von hoher Qualität war. Deutsche Produkte galten fortan als gut, preiswert und vor allem schnell- und massenhaft lieferbar.
Daran hätte sich in den folgenden Jahrzehnten nichts geändert, wenn sich die Deutschen nicht durch das Anzetteln von zwei Weltkriegen immer wieder in den wirtschaftlichen Abgrund geritten hätten. Doch gerade nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg entstand das „Deutsche Wirtschaftswunder“. Ware „Made in Germany“ war gefragt wie kaum zuvor, die Produktqualität einzigartig. Noch immer sind 71% der deutschen Bevölkerung davon überzeugt, dass der Aufdruck „Made in Germany“ für gute Qualität bürgt. Dies stellte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 24. März 2013 fest. Ein Fünftel der Bevölkerung ist allerdings skeptisch. Das können nach Meinung der Kuratorin kaum Oberpfälzer sein. Für sie ist die Oberpfalz als Industriestandort ziemlich einzigartig – mit überraschenden Standorten in wunderbarer Landschaft, höchst innovativen Produkten und Unternehmen, die guter Qualität durch gutes Design Form und Ausdruck geben. Dazu kommt eine bodenständige Arbeitnehmerschaft, welche die Verbindung von Arbeit und Heimat immer schon zu schätzen wusste.
Die Ausstellung will zeigen, dass diese Region Oberpfalz, die viele Deutsche kaum und als Industriestandort schon gar nicht kennen, wesentlich dazu beiträgt, dass Deutschland in Europa der Industriestandort Nr. 1 und in der Welt Nr.2 hinter China ist. Im Rahmen der gerade laufenden Hannover-Messe wurden Befürchtungen geäußert, dass Deutschland den zweiten Rang nicht wird halten können. Das wiederum könnte daran liegen, dass manch kluger Kopf, der solche Äußerungen tut, die Oberpfalz eben auch nicht kennt. Denn wenn die hohen Herren von Siemens in München ihren besten und innovativsten Produktionsstandort zeigen wollen – dann reisen sie nach Amberg – mitten in der Oberpfalz und mitten in Europa.
Und nicht nur sie und nicht erst jetzt.